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2007 | 10–12


Michael Morpurgo: Großvater auf Probe
dtv · 238 Seiten · 7,50 €

Eines klingelt es und ein alter Mann steht vor der Tür und sagt, "Hallo, ich bin Popsicle, dein Großvater." Und Cessie findet das wunderbar – endlich einen Großvater! Weniger begeistert ist ihr Vater, der den Vater kaum gekannt hat. Vor lauter Schreck kippt der Großvater um und haut sich den Kopf an - und weiß fortan nicht mehr, wo er herkommt – und schon gar nicht, wo er hin soll... Morpurgo versteht es, diese Themen einzubinden in eine spannende Handlung, die über weite Teile ausgesprochen amüsant zu lesen ist. Der Großvater hatte einen Schlaganfall und hat sein Gedächtnis verloren? Na und – deswegen ist es trotzdem oft komisch, was er tut und man darf drüber lachen - er selbst ja auch. Keine Spur von Kitsch, Aufzeigen und Bewältigungsmöglichkeiten von sozialen Problemen unserer heutigen Zeit, witzige Passagen - das Buch hat alles, was intelligente Unterhaltung bieten sollte.
   
Ulli Schubert: Ausgewechselt
Rowohlt · 144 Seiten · 6,90 €

Christoph ist ein begeisterter Fußballer und ein begabter dazu. Umso mehr überrascht es alle, als er unverhofft bei dem wichtigsten Spiel nicht aufgestellt wird und Ed, der Trainer, andeutet, er habe Gründe zum Misstrauen gegenüber ihm. Christoph ist fassungslos, und am Nachmittag, nach dem Spiel, beschließt er, Ed zur Rede zu stellen und Rechenschaft zu fordern. Doch als er zu Ed kommt, liegt dieser tot in seinem Wohnzimmer und die Polizei ist hinter Christoph her... Ein absolut ehrlicher, illusionsloser und trotzdem nicht hoffnungsloser Roman, der das Lebensgefühl von vielen Jugendlichen treffen wird, weil er ihr Welt ungeschminkt und vorurteilsfrei zeigt.
   
Jürgen Banscherus: Die Warnung
Arena · 195 Seiten · 6,50 €

Vor dem Geschäft des Fotografen findet Simon eine sauber abgetrennte Hand. Mit den Erklärungen des Fotografen und auch der utter, die bei der Kriminalpolizei arbeitet, ist Simon nicht zufrieden. Er ermittelt auf eigene Faust und stößt bald auf eine geheime Bruderschaft, in die auch noch zu allem Unglück die Mutter verwickelt scheint... Wie in vielen seiner Romane zeigt sich auch hier das gesellschafts- und sozialkritisches Engagement des Autors. Wieder steht bis zu einem gewissen Grad die familiäre Situation von Simon und der allein erziehenden, zu Hause und bei der Kriminalpolizei überforderten Mutter im Mittelpunkt, diesmal umso mehr, als Mirjam in die schrecklichen Machenschaften verwickelt scheint. Kein kitschiges, wohlgefälliges Happy end – viele Probleme werden bleiben, so wie das Leben nun einmal spielt.
   
Werner Toporski: Kalte Zeiten
cbt · 191 Seiten · 5,95 €

Bisher war der Krieg weit weg. Aber dann kommen erst die Gerüchte und dann die Panzer selbst. Lena und ihre Familie fliehen, kehren aber wenig später zurück. Doch nichts ist so, wie es vorher für die Volksdeutschen war. Kalte Zeiten beginnen, nicht nur für Lena. Was gefällt, ist, dass Lena sich immer um Objektivität bemüht. In ihrer Erzählung sind es die Menschen, die im Mittelpunkt stehen; immer waren es Einzelne, die sich dem angeordneten Unrecht widersetzten. Was der Leser aus der Geschichte lernt, fasst Lena selbst kurz zusammen: "Und wie oft erleben wir, wenn wir dem Einzelnen gegenüberstehen, dass plötzlich alle Verallgemeinerungen hinfällig werden, ganz einfach falsch sind. Für mich zählt immer nur der Einzelne, nur das, was er denkt und was er tut." 
   
Simone Klages: Die Detektive und Cismar und die geheimen e-Mails
Beltz · 246 Seiten · 7,50 €

Einer neuer Fall für die Detektive. Diesmal sind sie einem Heiratsschwindler auf der Spur, der doch glatt Lotte umgarnen will. Das kann nicht gutgehen, und die Drei haben schnell einen Plan... Das ganze Hintergrundgeschehen, die Ferien- und Familienatmosphäre, die Probleme der einzelnen Personen, das alles ist fein beobachtet und beschrieben. Das "Drumherum" mit den diversen echten und vermuteten Betrügern entspringt der Fantasie der Autorin mit einem sicheren Gespür für das, was Kinder erwarten und gern lesen. All dieses Bedürfnisse verbindet Simone Klages mit einer abenteuerlichen Detektivgeschichte, die nicht nur eine Handlungsebene hat, sondern eine ganze Reihe von Handlungsträgern in stetem Wechsel miteinander verflechtet, sodass die Ereignisse schwieriger zu durchschauen, aber nicht unübersichtlicher werden. Das erhöht die Spannung, führt mehrfach auf falsche Fährten, und erst ganz am Ende fügen sich die einzelnen Stücke nahtlos und richtig zusammen. 
   
Chris Archer: Die Piraten und die geheimnisvolle Schatzkarte
cbt · 191 Seiten · 5,95 €

Eines Tages entdeckt George auf dem Dachboden eine alte Karte. Es könnte eine Schatzkarte sein, und vielleicht stammt sie sogar von William Kidd. Nur zögernd vertraut sich George seinen beiden Freunden an, und er ist sauer, als Shannon ihre Freundin Renée einweiht. Aber Renée erweist sich schnell als ein Glücksfall. Ihre Eltern sind nämlich Höhlenforscher, und Renées Kenntnisse bei der Erforschung des alten Gemäuers und Kellers mit seinem System an Geheimgängen werden der Gruppe bald das Leben retten. Immer fester wachsen die Kinder zu einer wirklichen verschworenen Gemeinschaft zusammen: Den Piraten. Archer weiß extrem spannend zu erzählen, mit Schnitten, die man filmisch nennen könnte. Hier steht kein Verbrechen im Vordergrund, sondern die Erkenntnis, dass man den Schatz des William Kidd finden könnte, wenn es nur gelingt, die alte Karte richtig zu lesen. Die Fortsetzung ist ebenfalls erhältlich, unter dem Titel "Die Piraten und die große Verschwörung". 
   
Christa-Maria Zimmermann: Gefangen im Packeis
Arena · 303 Seiten · 5,00 €

In ihrem packenden Jugendroman erzählt Christa-Maria Zimmermann die Geschichte des irischen Polarforschers Sir Ernest Henry Shackleton, der 1914-1916 versuchte, die Antarktis zu überqueren um vom Weddellmeer aus das Rossmeer zu erreichen. Die Expedition scheiterte, aber Shackleton konnte alle Männer lebend zurückbringen. Eine erstklassige Mischung aus fiktiver Erzählung und sorgfältig recherchierter Ergebnisse einer Forschungsmission. Letztere kann man sich aneignen, aber daraus eine so stimmig Erzählung zu machen, die weit über die Fakten hinausgeht, bedarf eines besonderen Erzähltalents. Eine spannende Lektüre, neben der manche erfundene Abenteuergeschichte blass aussieht, und ein Beweis, wie spannend Geschichte sein kann, wenn sie nur anschaulich genug vermittelt wird. 
   
Gerlis Zillgens: Eine 6 und sieben Küsse
Rowohlt · 170 Seiten · 6,90 €

Herzerfrischend und mit mancher Situationskomik schildert Zillgens die Probleme eines jungen Mädchens, das nicht nur mit dem Englischen seine Schwierigkeiten hat, sondern auch mit einem hochbegabten Bruder, einer schwerhörigen Großmutter und vor allem – mit der erwachenden Liebe. Zudem gelingt es der Autorin, amüsant die Konkurrenzen zwischen Marie und anderen Mädchen während der Sprachferien hinsichtlich hübscher Jungs darzustellen. Da liest man mit Vergnügen über die Irrungen und Wirrungen der Liebe, bis am Ende der Richtige gefunden ist. Ganz nebenbei lernt man noch ein klein wenig Englisch. Zum Schluss also stellt sich die Sechs als zweifacher Gewinn dar: Für Marie, weil sie ihre erste echte Liebe findet, und für den Leser, der für einige Stunden in eine andere Welt eintauchen kann. 
   
Kevin P. Bath: Verschwörung auf Castle Cant
dtv · 396 Seiten · 8,00 € 

Die junge Zofe Lucy hat es schwer mit ihrer jüngeren Herrin Pauline und deren ausgefallenen Ideen. Erst recht, als diese mit einem gezielten Katapultwurf nasse Wäschestücke in eine geplante Hinrichtung schleudert. So gerät sie in eine Intrige, einen Aufruhr, einen geplanten Umsturz und muss sich als Spionin betätigen, um ihre Herrin zu retten. Und am Schluss steht eine erstaunliche Erkenntnis... Die Geschichte besticht durch vieles: Da ist zum einen die originelle Mischung von modernen und mittelalterlichen Elementen, die durch den Kontrast eine eigene Atmosphäre schaffen (z.B. ist Fernsehen vom Hörensagen bekannt), zum anderen so manche lustige Idee Paulines, die zu Turbulenzen führt, zum dritten die Spannung, die aufgebaut wird mittels Intrigen oder dunkle Andeutungen und zum vierten so manche brenzlige Situation, in die die junge Heldin immer wieder gerät. Turbulent, komisch, spannend.